Jurydiskussion Daniel Heitzler

Der aus Deutschland stammende Daniel Heitzler las auf Einladung von Hubert Winkels. Sein Text „Der Fluch“ über Mexiko, vier Männer und einen Fluch begeisterte, mit Ausnahme von Klaus Kastberger, die Jury.

"Der Fluch“, bestehend aus Prolog und Epilog erzählt die Geschichte eines Nachbarschaftsstreits zwischen Pancho und Flaco. Grund des Zanks ist Panchos Wunsch an der Grundstücksgrenze Grabungen vorzunehmen, um eine potentiell wertvolle Entdeckung zu machen. Der Streit mündet in einem Ritual, wobei Panchos Tochter versehentlich vom Fluch getroffen wird. Pancho stirbt, Flaco entdeckt kurz darauf, weshalb Pancho an besagter Stelle graben wollte. Die ganze Auseinandersetzung wird schließlich nicht ohne Ironie als unnütz enttarnt.

Daniel Heitzler

ORF/Johannes Puch

Daniel Heitzler

„Halte Tempo nicht aus“

Zuerst meldete sich Juror Klaus Kastberger zu Wort. Er meinte, er hoffe, alle seien noch da, der Text habe so lange gedauert, bis da endlich Tempo reinkam. Es gebe Texte, die sich langsam entwickeln, hier habe er aber nichts gefunden. Den Text hätte man ihm auch in zwei Minuten erzählen können. Außerdem handle es sich um ein Modellbild Mexikos. Insa Wilke befand diese Reaktion als gut. Der Text wende simple humoristische Mittel an, man lache gerne. Diese Mittel werden nicht effektreich eingesetzt. Ihrer Meinung nach wirke der Text wie eine Parabel auf die letzten Koalitionsverhandlungen in Deutschland.

„Zwischen Beckett und Lucky Luke“

Das Heikle sei, die Parabel in einen anderen Kontext zu transponieren. Die Komik liege jedoch ohnehin auf der Grammatik, auf den verschachtelten Sätzen. Dieses Gegeneinanderlaufen von Verfahren habe ihr gefallen. Eine „Mischung aus Beckett und Lucky Luke“, urteilte die Jurorin.

Michael Wiederstein stimmte Wilke zu und meinte, die Geschichte zerplatze hier ständig und am Ende stehe ein Betrug, der in die Hose gehe. Der Witz des Autors, der ein Stilist sei, gehe auf. „Ich bin sehr, sehr angetan von diesem Text.“

Stefan Gmünder freute sich über das Wort „Amigo“ und erntete damit Lacher aus dem Publikum. Der Text spiele mit Parodien, er habe ihn gerne gelesen.

Tag zwei

ORF/Johannes Puch

Hubert Winkels, Hildegard Keller

„Sehr facettenreich“

Hildegard Keller war sich nicht sicher, ob es so wenig mit Mexiko zu tun habe, wie ihre Kolleginnen und Kollegen meinten, sie sehe das Parabelhafte nicht wirklich. Es gehe um eine Reise, die von beiden Charakteren eingegangen werde, aber die kleine Adriana sei die Geschädigte. Keller nehme die Schilderung von Mexiko ernst, sie erkannte auch die Schilderung eines Clashs der Religionen. Sie finde den Text „sehr facettenreich“, mit Detailreichtum durchgespielt. Sie habe das sprachliche barocke Spiel und den Showdown sehr genossen.

Gespreiztheit der Sprache gefiel

Juryvorsitzender Hubert Winkels legte dar, ihn habe die Gespreiztheit der Sprache gereizt. Man müsse sich jede Szene zusammenstellen. Das Prinzip des Texts sei, mit sprachlichem Aufwand etwas aufzubauen. Zwischen Prolog und Epilog sei der Mittelteil nicht vorhanden, die Substanzlosigkeit sei der wesentliche Charakterzug des Texts. Nur ganz nebenbei werde erwähnt, dass Pancho krank sei. Das Spiel mit den Unwahrscheinlichkeiten finde er großartig. Die Kapelle sei ein christliches Gegenstück zu dem, was auf der Grundstücksgrenze vermutet werde, was jedoch nicht erkannt werde. Das, worum es gehe, sei immer woanders als das, was gerade erzählt werde. Gmünder stimmte dem zu, die Pointe sei, dass nichts geschehe.

Kastberger konnte sich nicht mit dieser Leseart anfreunden und ärgerte sich über den Text. Der Text mache ihn nervös, der Juror freute sich aber, dass seine Kollegen den Text feiern können.

Lesung Sarah Wipauer

ORF/Johannes Puch

Klaus Kastberger

Besseres Verständnis durch Hasch?

Winkels hingegen meinte, alles bekomme gerade das Maß zu viel, in dieser Mittellage halte Heitzlers Werk durch. Der ganze Text laufe hohl, weil das, wovon erzählt werde, nicht hier stehe. Dem Text liege eine ökonomische Grundlage zugrunde, die magische Handlung sei karikiert.

Wilke äußerte, sie habe es schon öfter gestört, dass Texte „so arg geschlossen“ seien. Ihr gefalle an Heitzlers „Der Fluch“ ebendiese Offenheit.

Winkels gab daraufhin zu, den Text mehrfach gelesen zu haben, könne sich aber nicht entscheiden, ob ihm die langsame Vortragsweise des Autors dienlich sei. Wilke meinte, sie sei ihm insofern dienlich, da sie den Text unterlaufe. Winkels überlegte scherzhaft, ob eine „gute Dosis Haschisch“ vielleicht das Verständnis für den Text noch erweitern könne.