Noemi Schneider TEXT

Noemi Schneider las den Text „Fifty Shades of Gray“ auf Einladung von Hubert Winkels. Sie finden hier einen Auszug des Textes und den gesamten Text zum Nachlesen im .pdf-Format.

„Ich geb dem noch schnell was.“ Die Baronesse dreht sich um.
„Wieso?“
„Der sieht so traurig aus.“ Sie stöckelt dem alten Mann mit dem Pappbecher in der Hand hinterher. Du holst dir noch ne Tortilla und wartest vergeblich auf ihre Rückkehr. Sie hat sich in einen Souvenirshop verirrt, wie immer.
„Alles Schrott“, beurteilt sie mit Kennermiene Miniaturkacheln in einem Holzregal.
„Handmade“, behauptet die Chinesin an der Kasse. Die Baronesse checkt die Wetterprognose. Ihr seid seit sechs Wochen auf der Flucht.
„Unterwegs“, korrigiert die Baronesse. Baronessen fliehen nicht.
Okay. Ihr tut so, als ob ihr Urlaub macht, und bewegt euch langsam Richtung Meer.

Als erstes verschwanden die Vögel. Über Nacht kam der Nebel. Ein durchsichtiger Schleier, der sich fast unmerklich trübte, wie wenn man langsam Milch ins Wasser gießt. Windstille.

Cool Gray One. Jahreszeit, Vogelgrippe. Klang plausibel. Kam der Baronesse aber sofort spanisch vor. Sie ging mit nem Meteorologen ins Bett, um Gewissheit zu haben: „Noch drei Monate, dann ist’s stockduster, aber das hast du nicht von mir“, röchelte er. Sie verscherbelte ihr Palais für Millionen, ein Insidergeschäft, wenn es je eines gab, und verkündete: „Lass uns verreisen!“
Es fiel dir schwer, dich zu entscheiden. Was nimmt man mit, wenn man weiß, dass man nie mehr zurückkehrt? Was zum Anziehen. Parfüm. Bücher. IPod. Laptop. Nen Glücksbringer. Desinfektionstücher. Magnesium. Max musstest du leider zurücklassen.

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