Jurydiskussion Peter Truschner

Der gebürtige Kärntner Peter Truschner las den Text „RTL-Reptil“ auf Einladung von Stefan Gmünder. Die Jury reagierte mit einem heftigen Schlagabtausch auf die Lesung. Vor allem Klaus Kastberger sah im Text „Haufen voller Floskeln“ und kritisierte seine Jurykollegen.

Er Text handelt von einem jungen Mann, der, kurz bevor er in eine Wohnung einbrechen möchte um seine Spielschulden zu begleichen, mit sich und mit seinen Erinnerungen an seine Eltern und seine Großmutter hadert.

Lesungen Truschner Falkner

Johannes Puch

Ein Protagonist, der zwischen Allmacht und Ohnmacht schwebt, sagte Hildegard Keller, und das spiegle sich ihrer Meinung nach auch in der Erzählweise. Was sie aber am Autor anerkenne, sei „der ungezügelte Wille zur Expressivität“, welcher ihm aber zum Verhängnis werde. Der Text leide an „Beschreibungslast“. Keller stellt „Schusseligkeiten und Fehler“ fest. Der Text „kann kaum genesen von der Möchtegern-Ausdruckhaltung und Welterklärungspose des Erzählers“, so Keller.

Gmünder verteidigte seinen Autor

Stefan Gmünder sah dies naturgemäß ganz anderes, er fand Gefallen an der beschriebenen Diskrepanz zwischen Allmachtsfantasien und Ohnmacht und dem zeitgenössische Zugang zu den Themen. Er erkenne ein „Psychogramm“, mit dem die „literarische Komfortzone“ verlassen werde. „Das gefällt mir schon sehr, sehr gut“, so Gmünder.

Feßmann erwiderte, dass die Figur „sehr gut durchgeführt“ sei, die Erzählform allerdings nicht. Peter Truschner bediene sich in seinem Text der Innensicht des Protagonisten und eines Erzählers. Feßmann hinterfragte, wofür es diesen Erzähler brauche und beantwortete selbst: „Um uns Lesern klar zu machen, was er erzählen möchte mit dem Text“. Das sei ihrer Meinung nach ein nicht gelungener Zwiespalt.

Kastberger: „Haufen von Floskeln“

Es folgte heftige Kritik von Klaus Kastberger: Er habe das Gefühl, „da liegt mitten vor uns ein riesengroßer Haufen voller Floskeln, den ein sehr böser Mensch hier abgeladen hat. Ich hab‘ fast gespürt, dass sich der Autor selbst im Kampf mit diesen Floskeln befunden hat. Ich war abgeschreckt von diesem gigantischen Ding. Ich war irritiert von der Floskelhaftigkeit“. Kastberger kritisierte, dass der Leser sich mit dem Entschlüsseln der Floskeln eine Arbeit antun muss, die eigentlich der Autor hätte übernehmen müssen. „Ich habe in mulmiges Gefühl bei dem Ganzen“, so Kastberger.

Winkels: „Bekommt Erzählhaltung nicht in Griff“

Winkels teilte das bisher Gesagte. Er empfand den Text – in positiver Weise - als „sehr subtil gebaut“, verortete eine Struktur wie in griechischen Dramen. Sein Problem mit dem Text sei allerdings, „dass er die Erzählhaltung nicht in den Griff bekommt". Dass er in die Figur hinein wolle, aber auch erzähle, was die Figur wolle. Für Winkels ein Grund zu „Unsicherheit und Verwirrung“.

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Steiner suchte Positives.

Vorhandene phrasenhafte Formulierungen dienen zwar „als Authentifizierungsbelege für die Person“, „tun aber in den Ohren weh, das ist das Problem“ so Winkels.

Sandra Kegel schloss sich dem Gesagten an. Der Text gleiche dem Gerede eines „Sozialarbeiters“, der Leser bekomme ständig gesagt, was er zu denken habe.

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Kastberger zerriss den Text.

Kastberger vs. Steiner

Steiner brachte einen neuen Blickwinkel auf den für ihn „interessanten“ Text ein: Die Hauptfigur im Text, die sich selbst misstraut, die brutal und kampfbereit sei, ließe sich mit dem „schlafende Terrorismus in unserer Gesellschaft“ vergleichen. Durch die spürbare „Kraft der Brutalität, die Willkür und die Angespanntheit“ habe der Text gewonnen, sagte Steiner.

Kastberger reagierte sehr energisch auf Juri Steiners Aussagen: „Steiner hat ein gigantisches Talent, die Defizite der Texte durch Eigeninterpretationen aufzuwerten und durch Assoziation in allen Bereiche zu einem Glanzstück zu machen“. Und er betonte nochmals, dass er sich mit der Phrasenhaftigkeit und Floskelartigkeit des Textes nicht anfreunden könne: „Das ist keine literarische Leistung!“

Darauf sagte Kegel noch einmal, dass ihr nicht gefalle, dass so oft das Wort „man“ vorkomme. Steiner: „Wir werde uns nicht mehr einig heute.“ Darauf Kastberger: Hoffentlich.“

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