Erste Favoritinnen nach erstem Lesetag

Fünf Frauen haben den ersten Lesetag bestritten, bunt gemischt aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die einzige Kärntnerin im Bewerb, Julia Jost, bekam großteils begeisterte Kritiken, auch der Text von Katharina Schultens kam gut an.

Katharina Schultens las auf Einladung von Insa Wilke den Romanauszug „Urmünder“. Lob kam von Elisabeth Keller, die den Text sehr präzise fand, auch wenn sie nicht alles verstanden hätte. Die Orte seien präzise, aber nicht die Zeit, das stifte Verwirrung und das „habe ich genossen.“

Lesung Katharina Schultens

ORF/Johannes Puch

Lesung Katharina Schultens

Ähnlich die Kritik von Stefan Gmünder, der fand, der Text schmeiße sich an den Leser nicht ran, es sei ein schöner Zufall, dass dieser Text der erste im heurigen Jahr sei. Hubert Winkels konterte, es sei etwas wenig, nur auf die Textstruktur allein zu achten. Es gebe ein Netz an Motiven, dominant sei das Thema Kind - vom Kinderwunsch über das Gebäre bis hin zum Kindersterben, so Winkels.

„Beeindruckt“ zeigte sich Insa Winke, die sagte, der Text gebe der Imagination Freiheit, das finde man kaum noch. Sie fühlt sich erinnert an die Bücher von Ursula Le Guin - mehr dazu in Jurydiskussion Katharina Schultens.

Lesung Sarah Wipauer

ORF/Johannes Puch

Sarah Wipauer

Text über Geister

Nach ihr las Sarah Wipauer ihren Text „Raumstation Hirschstetten“ auf Einladung von Klaus Kastberger. Der Text handelt vom Kinderarzt Clemens von Pirquet, seiner Frau Maria Christine und seinem Bruder Guido. Als Tote in Gespensterform finden sie sich in einer Raumstation im Weltall ein. Im Mittelpunkt steht die vom Tod verursachte Irregularität des Lebens. Die Jury diskutierte angeregt. Für Insa Wilke war es kein harmloser Text, für Hubert Winkels sei die Frau ein zentrales Element.

Michael Widerstein sah eine gewisse Skurrilität und stieß sich am widerholten Wort „vielleicht“. Das sei ein literarisches Unwort, so der Juror. Für Stefan Gmünder ist der Text genial gemacht, im Text sitzt alles - mehr dazu in Jurydiskussion Sarah Wipauer.

Silvia Tschui

ORF/Johannes Puch

Silvia Tschui nach ihrer Lesung

Zurückhaltung für den „Wod“

Als letzte Autorin des ersten Vormittags las die Schweierzin Silvia Tschui den Text „Der Wod“. Sie wurde von Nora Gomringer eingeladen. In ihrem Text geht es um Nachwehen kindlicher Kriegserfahrungen, zwei Brüder, die einen Groll gegeneinander hegen. Der ältere lässt den jüngeren nach dem Tod der Mutter bei einem Bauern zurück. Hubert Winkels hatte ein grundlegendes Problem mit dem Text, denn er blende Historisches aus und stütze sich zu stark auf die Perspektive der Kinder.

Für Klaus Kastberger beginne der Text wie ein Kinderbuch, doch die Sprache sei nicht an das Geschehen angepasst. Elisabeth Keller fragte sich, was genau das Thema sei und für Hubert Winkels ging es immer ums Essen - mehr dazu in Jurydiskussion Silvia Tschui. Alles in allem zeigte sich die Jury eher zurückhaltend.

Einzige Kärntnerin im Bewerb sehr gelobt

Julia Jost, die in St. Veit geboren wurde und in Hamburg lebt, ist die einzige Kärntnerin im Bewerb. Sie las als erste Autorin des ersten Lesenachmittags ihren Text „Unweit vom Schakaltal“ auf Einladung von Klaus Kastberger. Die Jury fand den Text gelungen und war großteils begeistert. Im Text schildert die heranwachsende Ich-Erzählerin ein Bild Kärntens, das von geographischer Schönheit, persönlicher Tragik und chauvinistisch-nazistischem Gedankengut gekennzeichnet ist.

Erster Tag Julia Jost

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Julia Jost

Kastberger fand den Text seiner Autorin „super“, er sei bösartig. Hubert Winkels sagte, der Text zeige, wie man mit bekannten Motiven arbeiten könne. Böse Seitengeschehnisse würden die Hauptgeschehnisse begleiten. Für Nora Gomringer sei besonders stark im Text, dass die Grausamkeit immer da sei.
Michael Wiederstein hätte sich ein Brechen der Klischees gewünscht - mehr dazu in Jurydiskussion Julia Jost.

Erster Tag Andrea Gerster

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Andrea Gerster

Passiv-aggressive Großmutter

Die Schweizerin Andrea Gerster war die fünfte Autorin, die ihren Text am ersten Lesetag vortrug. Sie las auf Einladung von Hildegard Keller den Text „Das kann ich“. Die Jury reagierte auf den Text über Familienprobleme und Geheiminsse gespalten. Eine passiv-aggressive Großmutter in einem biederen Text gefalle ihr, sagte Insa Wilke. Hubert Winkels sah eine Parallele zu Stephen King, während Stefan Gmünder den Text zu gekünstelt fand. Hildegard Keller meinte zu dem von ihr vorgeschlagenen Text, nach den vier Vorgängern habe er es schwer gehabt - mehr dazu in Jurydiskussion Andrea Gerster.

Die Lesungen werden am Freitag ab 10.00 Uhr fortgesetzt.

Berichterstattung

Kärnten heute und Radio Kärnten berichten bis 30. Juni täglich. Im Fernsehen überträgt 3sat live. Der Deutschlandfunk sendet den gesamten Bewerb im Internet als Livestream. Die sozialen Netzwerke sind mit Facebook, Twitter und Instagram wieder stark vertreten - mehr dazu in Tage der deutschsprachigen Literatur Medien. Die Lesungen und Diskussionen sind live und on demand abrufbar.

Public Viewings

ORF/Johannes Puch

Gemütliches Public Viewing im ORF-Garten

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