Jurydiskussion Jan Snela

Jan Snela las auf Einladung von Meike Feßmann „Araber und Schakale“. In einem abendländischen Ort verschwinden nach und nach viele Dinge, später auch Menschen. Die Jury war gespalten. Feßmann fand den Text „grandios“, Kastberger gingen Orientalismen „auf den Wecker“.

Der Ich-Erzähler bekommt Gesellschaft von Halef und seinen zwei Schakalen. Das Miteinander inmitten einer militarisierten Gegend, die täglichen Veränderungen entgegensieht, gestaltet sich nicht zuletzt wegen Halefs sonderbarem Verhalten schwierig.

Tag 2 Jan Snela

Johannes Puch

Hubert Winkels bereitete der Text einiges Unbehagen. Er habe den Eindruck, der Autor wollte mit einer Häufung von Orientalismen alte Vorurteile sprengen, was der Text aber tatsächlich tue, sei, dass er einer Bedrohung Ausdruck gebe. Es sei eigentlich ein Text für Pegida, obwohl er das ja nicht wolle. „Es geht nach hinten los,“ der Orientalismus werde nur verkleistert. „Das ist ein Spiel mit Ängsten, ich sehe die Absicht, aber leider total misslungen.“

Jury Winkels

Johannes Puch

Hubert Winkels

„Komisch, grandioser Text“

Meike Feßmann meinte, die Jury sollte auch bei diesem Text philologisch genau sein. Es sei ihr unverständlich, wie man den Text so ernst lesen könne. Es seien immer Szenerien, die wahnsinnig komisch seien. Die Grundkonstellation sei, dass ein junger Mann von seiner Freundin verlassen werde. Dann kommt aber die Freundin mit einem Araber und seinen zwei Schakalen, worüber sich der Ich-Erzähler freut. Jedoch erfülle der Fremde seine Erwartungen nicht. Die Referenzen seien laut Feßmann Kafka und Karl May. Die Art, wie Jan Snela diese Dinge miteinander verschränke, sei komisch. Der Ich-Erzähler kämpfe aber auch damit, dass sich die Welt radikal verändere. Originell, traditionsbewusst, „für mich ist das wirklich ein ganz, ganz grandioser Text.“

Tag 2 Kegel Kastberger

Johannes Puch

Kegel, Kastberger

„Orientalismen gehen auf den Wecker“

Klaus Kastberger nahm ebenfalls noch einmal auf Hubert Winkels Aussage Bezug, dieser Text sei ein Text für Pegida. Laut Kastberger sei genau das Gegenteil der Fall. Trotzdem meinte er, dass auch ihm die Orientalismen „auf den Wecker gegangen“ seien. Das sei eine Schwäche des Textes, dass man immer wieder auf Google nachsehen müsse, was bestimmte Begriffe eigentlich bezeichnen.

Feßmann konterte, dass man den Text nicht realistisch lesen dürfe und verstand Kastbergers Einwände nicht. Kastberger schloss, das sei Karl May des 21. Jahrhunderts; der Text sei über ein Gebiet geschrieben worden, ohne, dass der Autor je dort gewesen sei.

„Verspieltes Setting“

Hildegard Keller ortete ein fantasievolles, verspieltes Setting, eine Szenerie in dieser Liebesgeschichte, in der sogar die Schakale eifersüchtig seien. Es gehe um die Ich-Auflösung. Der Text sollte durchgespielt werden im Zeichen des Sandes, der Fantasie. Die Tiere seien hier keine Tiere, sie seien ja eifersüchtig. Die Frage bleibe, ob man sich auf den Text einlasse, oder nicht.

Kastberger widersprach ihr, Fantasie könne nicht über „ästhetische Nicht-Qualität hinwegtäuschen.“

Diskussion um ästhetische Grundsätze

Daraus entwickelte sich eine Diskussion in der Jury rund um das Verständnis von ästhetischen Grundsätzen. Für Sandra Kegel bestand das Problem dieses Texts in der Tatsache, dass er eine Komödie sein möchte, dies aber nicht funktioniere. Sie meinte, es geschehe nichts in diesem Text.

Feßmann sagte, der Text kombiniere Realität mit Fantastik und widersprach somit der Annahme, der Text spiele in der Zukunft. Er benütze romantische Sprache, um die Gegenwart auszudrücken. Es muss nicht in der Zukunft spielen, „wenn die Sprache nicht die Sprache der Zeitung ist.“

Stefan Gmünder las den Text als reine Parodie auf Karl May. Es gehe um Postkolonialismus und ein zerstörtes Abendland. Der Text hinterfrage, was die Gründe dafür seien, daher fand er den Text interessant.

Juri Steiner meinte, es gehe ein Kulturwandel von Statten, und fand es gut, dass der Autor weiß, er macht etwas Verbotenes. Der Text sei eine Art des avantgardistischen Umgangs mit Orientalismus.

Feßmann fasste ihren Standpunkt zusammen und erklärte, der Witz sei, dass die Kategorien durcheinander gewirbelt werden. Postkolonialismus, die Abwesenheit einer Leitkultur – dadurch würde zwischen den Kulturen ein dritter Raum entstehen.
Kastberger reflektierte noch einmal die Diskussion und befand: „ironische May-Parodie mit Kafka-Bezug,“ wenn man das alles braucht, lese er lieber die Originale.