„Germanisten-Porno“ beim „BachFRAUpreis“

Erstmals stellten sich die Preisträgerinnen der TDDL nach der Preisverleihung den Fragen der Presse. Hier können Sie die besten Statements nachlesen über außerkörperliche Erfahrungen, das Mitgefühl und den „Germanisten-Porno“ Bachmannpreis, der heuer auch Bach-FRAU-Bewerb genannt wurde.

Nora Gomringer (Bachmannpreis), Valerie Fritsch (BKS-Publikumspreis und Kelagpreis) und Dana Grigorcea (3sat-Preis) stellten sich den Fragen der Pressevertreter.

TDDL 2015 Pressekonferenz Preisträgerinnen

ORF/Johannes Puch

Außerkörperliche Erfahrung

Die vergangenen Tage empfand Nora Gomringer als „übermenschlich anstrengend“. Sie habe sich sich nie wirklich frei gefühlt, war immer unter Beobachtung. Und das intimste sei, den Text mitzubringen, an dem man Monate lang laboriert habe. Das sei „wie eine Operation am Herzen vor sehr vielen Leuten“. Den Moment, als sie zur Preisvergabe aufgerufen wurde, habe sie aus mehreren Perspektiven zugleich wahrgenommen, sie habe auf sich selbst auch von außen draufgeschaut, das war für Gomringer wie eine „außerköperliche Erfahrung“

„Germanisten-Porno“

Die Preisträgerinnen verfolgten den Bachmannpreis auch schon vor ihrer eigenen Teilnahme. Nora Gomringer habe diesen „Germanisten-Porno“ wie sie sagte, regelmäßig gesehen. Sie berichtete vom Fernsehen mit ihrer Mutter, von germanistischen Zirkeln, die sich wie beim Eurovision Songcontest zusammensetzten und mitstimmen, und vom Public Viewing an der Universität Bamberg an der sie studierte. Sie fand diese Anteilnahme bewegend, und mehr noch die Tatsache, „dass man sich an uns erinnert, dass da ein Echo bleibt“.

„Nie Diskussionen gesehen“

Dana Grigorcea sah sich in den vergangenen Jahren die Lesungen im Internet, gab aber zu, die Jurydiskussionen nie verfolgt zu haben. „Wenn mich ein Text mitgenommen hat, wollte ich mir meine eigenen Interpretationen von niemandem verderben lassen“. Für sie war es „ein hartes Erlebnis“, mitzubekommen, wie die Jury abstimme. Sie sei es nicht gewohnt, dass über etwas, das sie mache, abgestimmt werde, noch dazu mit Musik à la „Wer wird Millionär".

„BachFRAUbewerb“

Das Geschlechterverhältnis unter den Autoren, heuer lasen zehn Frauen und nur vier Männer, sei für die Jury nicht relevant gewesen, sagte Jury-Vorsitzender Hubert Winkels. Die Jury bemühe sich generell, die äußeren Rahmenbedingungen zu ignorieren und sich ganz auf den Text zu konzentrieren. Er sprach von einer „Nur der Text zählt-Kultur“.

Dana Grigorcea: „Wir lesen quer über die Grenzen und quer über die Geschlechter. Ich überlege mir beim Lesen ja nicht, ob ich die Literatur einer Frau oder eines Mannes lese. In meinem Bücherregal stehen außerdem die Bücher von Frauen und Männern wild durcheinander.“

Die Autorenclique

Valerie Fritsch habe es angenehm gefunden, dass so viele Frauen teilnahmen, um „Haarnadeln, Shampoos oder Haargummis auszuborgen – das war großartig“. Auf der persönlichen Ebene sei die Stimmung sehr angenehm gewesen.

Da sich die Autoren untereinander so gut verstanden, sei es für Nora Gomringer schwierig gewesen, in der laufenden Berichterstattung zu den TDDL negative Kommentare über ihre Kollegen und Kolleginnen zu lesen: „Ich fand das würdelos, negative Dinge über die anderen Autorinnen zu lesen, während sei beim See auf dem Liegetuch neben einem liegen.“

Über das Mitgefühl

Auf die Frage eines Journalisten nach der Religiosität in den Texten waren sich die drei Autorinnen einig, dass ihnen Empathie in den Geschichten wichtig sei.

Nora Gomringer freute sich über den Hauptpreis. Sie betonte, dass aber auch Monique Schwitter, Jürg Halter und Teresa Präauer hier (auf den Stühlen der Preisträger) gut sitzen würden.

Gefragt, was mit den Texten weiter geschehe sagte Dana Grigorcea, es erscheine bald ein Roman. Nora Gomringer verfasste ihren Text „Recherche“ extra für den Bachmannpreis. Auch Valerie Fritsch habe an sich eine abgeschlossen Geschichte vorgelegt, „aber es fühlt sich an, als wollte sie vielleicht noch ein bisschen größer werden“, so die zweifache Preisträgerin.

Nora Gomringer zeigte sich sichtlich gerührt von den Geschehnissen der vergangenen Tage und betonte pathetisch, dass das „14 Weltpremieren waren, die man hier gehört hat. Das ist groß!“

Preise für Autorenporträts?

Die Tatsache, dass die Autoren-Videos, die jeweils kurz vor den Lesungen eingeblendet werden, in diesem Jahr „sehr gut“ waren und sich – manchmal schon, manchmal aber auch nicht - auf die Handlung im Text bezogen, verleitete Jury-Vorsitzenden Hubert Winkels zu dem Vorschlag, dass man, wenn man einen Sponsor fände, die Filme in Zukunft auch mit einem Preis bewerten könne.

Außerdem müsse sich die Jury überlegen, ob und wie diese Videos in Zukunft in die Bewertung der Texte mit einfließen könnten.

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