Jurydiskussion Selim Özdogan

Selim Özdogan las auf Einladung von Stefan Gmünder den Text „Ein geheimer Akkord“. Der Hase im Kopf des Ich-Erzählers mag bestimmte Dinge nicht, mag dafür aber andere, zum Beispiel Yoga und die Musik von Leonard Cohen. Die Jury mochte den Text.

Das erste Mal bemerkt der Erzähler den Hasen kurz nach dem Tod seines Vaters, dem „Shooting Star der deutschen Literatur“ der nahen Zukunft. Seit jeher ist er mit der öffentlichen, glorifizierten Version dieses Künstlers konfrontiert, die so anders ist im Vergleich zu der Person, die er für seinen Sohn war. Als die Inhalte der Festplatte des Vaters mit Zustimmung des Sohnes zugänglich gemacht werden, wird das Vermächtnis des großen Autors diskreditiert. Infolge verschwindet auch der Hase aus dem Kopf des Sohnes.

TDDL 2016 Selim Özdogan

ORF/Johannes Puch

„Tolles, starkes Stück“

Hildegard Keller meinte, „das war ein starkes, tolles, tollkühnes Stück“. Woher kommt der Hase? Das Rad der Wiedergeburt habe ihn nach Köln gespült. Dieser Hase, dieser verrückte Weg zwischen Alice im Wunderland, der indischen Philosophie und der Computersprache bringe sie einfach dazu, „dass ich ihn hoppeln lassen will“. Kompliment.

Jury Steiner sagte, hier sei die Trinität sehr wichtig, Körper, Seele und Geist. Das ist etwas, das nur im 21. Jahrhundert möglich sei, dass man den Vatermord zweimal begehe, sogar posthum.

Hubert Winkels meinte, die Philologie habe gesehen, dass sich jeder Text aus anderen Texten zusammensetze. Das geschehe auch mit dem Vater, der in einer Tradition von Texten sei. Die Yoga-Mythologie entziehe sich Winkels. Man frage sich, was dieses geistreiche und humorvolle Spiele über das Vergnügen anrichte. Winkels befürchtete, dass dieses Spiel sich schnell verflüchtige.

Jury Winkels Juri Steiner

Johannes Puch

Winkels und Steiner

„Mein Freund Harvey“

Juri Steiner fühlte sich an „Mein Freund Harvey“ erinnert. „Es ist der Ödipus und vieles mehr, das alles steckt da drin. Es ist wirklich souverän.“

Klaus Kastberger zweifelte am Hasen. Er habe den Text gelesen, da sei beim Lesen ein Hase durch den Garten gehoppelt. Er nahm den Text so war, als wäre es mündliches Erzählen, er frage sich aber, worum es in diesem Text eigentlich gehen solle. Kastberger kürte den besten ersten Satz des Bewerbs: „Nach zwölf Jahren ist der Hase verschwunden.“ Dabei hätte man es belassen sollen.

Tag 1 Sandra Kegel

Johannes Puch

Sandra Kegel

Kegel ließ der Text kalt

Sandra Kegel meinte, man könnte das als Literaturbetrieb-Satire lesen, aber der Text lasse sie kalt, sie fand ihn sehr männlich. Die Mutter sei in Dauerdepression, weil der Schriftstellergatte sie betrog, starb und Plagiatsvorwürfe bekommt. Mit solchen Frauenfiguren hat sie ein Problem. Keller ortete einen Graben zwischen den Mitliedern der Jury. Verzauberung, Entzauberung, sie gehe mit dem Erzähler, möchte das auch nicht auflösen müssen. Gehöre er auch in die Klapsmüle?

Meike Feßmann, sagte, bei aller Begeisterung für den Hasen, der eine gute Grundidee sei, aber warum spielt der Text im Jahre 2037?. Was sei daran futuristisch? Sie finde den Text nachlässig konstruiert. Keller sah sich an Beuys und den Kojoten in seinem Wer erinnert. Winkels ergänzte, Beuys hielt den Kojoten für Wirklichkeit, er hatte eine andere Wahrnehmung der Realität.